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Abschleppkosten und Anwaltskosten beim Unfall in Polen sind erstattungsfähig

Abschleppkosten und Anwaltskosten beim Unfall in Polen sind erstattungsfähig

Unfall in Polen

Welches Recht gilt beim Unfall in Polen?

Ein Kfz-Unfall im Polen bestimmt sich in der Regel nach polnischem Recht. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn zwei Deutsche die einzigen Unfallbeteiligten in Polen sind.


Vor welchem Gericht kann man beim Verkehrsunfall in Polen klagen?

Trotzdem kann man sowohl in Deutschland als auch in Polen klagen. Dies wurde vom EuGH schon vor Jahren entschieden. Die EuGVVO eröffnet diese Möglichkeit. Der Geschädigte kann an seinem Wohnsitz (Sitz des Versicherungsnehmers) gegen die polnische Versicherung des polnischen Unfallgegners klagen.


Besser in Deutschland oder Polen klagen?

Ob man lieber in Deutschland oder in Polen klagen sollte, hängt vom Einzelfall ab. Gerade wenn die Schuldfrage stark strittig ist, ist eine Klage in Polen zu bevorzugen. Die Erstattung der Anwaltskosten in aber in Polen anders als in Deutschland nicht vollständig möglich, selbst, wenn man das Verfahren gewinnt!

Trotzdem stellt sich fast immer für den deutschen Geschädigten des Verkehrsunfalls in Polen die Frage, ob er seine Ansprüche im Polen vor Gericht geltend macht oder in Deutschland. Obwohl nämlich polnisches Recht, und zwar materielles Recht, im Bezug auf die Abwicklung des Unfalles hier zur Anwendung kommt, besteht die Möglichkeit trotzdem in Deutschland vor einem deutschen Gericht zu klagen. Dies sollte letztendlich der beauftragte Anwalt entscheiden.


Deutsche Verfahren sind komplizierter

Die Problematik ist nur die, dass das deutsche Gericht ebenfalls polnisches Recht anwenden muss. Da der deutsche Richter in der Regel keine Ahnung vom polnischen Verkehrsunfallrecht hat und es diesbezüglich auch nicht besonders viel Literatur/Bücher gibt, wird das deutsche Gericht in der Regel ein Rechtsgutachten einholen. Dies hat den Nachteil, dass hierdurch zusätzliche Kosten entstehen und darüber hinaus das Verfahren auch recht lange dauert. Oft brauchen Gutachter für die Erstellung eines Gutachtens ein halbes Jahr (dies wär sehr schnell) oder länger (dies ist der Normalfall).


Außergerichtliche Anwaltskosten sind in Polen nicht erstattungsfähig!

Nach dem polnischen Verkehrsunfallrecht sind zum Beispiel die außergerichtlichen Anwaltskosten nicht erstattungsfähig. Schaltet also der deutsche Geschädigte einen Rechtsanwalt in Deutschland ein, muss er die vorgerichtlichen Kosten selbst tragen. Dies ist nach polnischem Recht der Normalfall und gilt nicht nur für Verkehrsunfälle, sondern grundsätzlich sind außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Polen nicht erstattungsfähig. Selbst vor Gericht werden meist nicht die kompletten Anwaltsgebühren für erstattungsfähig gehalten (Problematik: der gerichtlichen Rahmengebühren für Anwälte). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Anwalt in Deutschland oder in Polen beauftragt ist, denn es kommt allein auf das anzuwendende Recht an.


Entscheidung des Oberlandesgericht Düsseldorf

Von daher ist um so erstaunlicher, dass eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. August 2021 hier die Rechtslage komplett anders-und zwar zugunsten des deutschen Unfallgeschädigten-beurteilt hat.

Abschleppkosten von Polen nach Deutschland

In diesem Verfahren ging es darum, ob Abschleppkosten eines beschädigten Fahrzeuges von Polen nach Deutschland erstattungsfähig sind und ob die außergerichtlichen Anwaltskosten ebenfalls eine erstattungsfähiger Schaden sind.

Beides bejahte das Oberlandesgericht (OLG Düsseldorf Urt. v. 3.8.2021 – 1 U 108/20) und führte dazu aus:

Zutreffend ist das LG auf der Grundlage des Rechtsgutachtens davon ausgegangen, dass der Kl. einen Anspruch auf Ersatz der Wertminderung in Höhe von 300,– Euro hat. Etwaige in der Regulierungspraxis herangezogene Altersgrenzen (vgl. Rechtsgutachten) – so ihnen überhaupt eine rechtliche Verbindlichkeit zukommt (dagegen: MüKoStVR, Polen Rdnr. 147, beck-online) – sind in Bezug auf das Klägerfahrzeug nicht von Belang. Dass das Fahrzeug bereits in der Vergangenheit einen erheblichen Unfallschaden erlitten hat, der nach polnischem Recht die Berücksichtigung einer Wertminderung ausschließen kann (Rechtsgutachten; kritisch auch insoweit MüKoStVR, Polen Rdnr. 147, beck-online: Ausgleichsanspruch unabhängig von Vorschäden dann, wenn sich im Einzelfall ein gegenüber dem Zustand vor dem aktuellen Schaden geringerer Marktwert des Fahrzeugs feststellen lässt), ist nicht ersichtlich. Zwar weist das Fahrzeug nach den Angaben des Schadensgutachters an der Front einen sach- und fachgerecht reparierten Unfallschaden auf, jedoch ist nicht ersichtlich, dass es sich um eine Beschädigung in einem Umfang gehandelt hat, die gegenüber der aktuellen Beschädigung erheblich ist.

Ebenfalls kann der Kl. Ersatz der für den Transport des beschädigten Fahrzeugs aufgewendeten Kosten in Höhe von 1.463,66 Euro verlangen. Eine nach § 354 § 2 KC erforderliche Abwägung der Parteiinteressen (Rechtsgutachten) ergibt, dass das Interesse des Kl., das beschädigte Fahrzeug nach Deutschland in die Nähe seines Wohnsitzes zu verbringen, das Interesse der Bekl. an einer Schadensminderung überwiegt. Dem Kl. ist nicht zuzumuten, sich von Deutschland aus um eine Reparatur oder einen Verkauf des Fahrzeugs in Polen zu kümmern, weil dies mit einem erheblich erhöhten Aufwand verbunden wäre (vgl. die Beispiele aus der polnischen Rspr., Rechtsgutachten). Die mit dem Transport verbundenen Kosten stehen auch nicht außer Verhältnis zu dem Wert des Fahrzeugs. Einwände gegen die Höhe der Abschleppkosten hat die Bekl. nicht erhoben.

5. Zutreffend hat das LG dem Kl. die entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Die Erforderlichkeit anwaltlicher Unterstützung (dazu Rechtsgutachten) ergibt sich hier aus dem Umstand, dass sich die Beurteilung der Ansprüche aus dem Unfallereignis nach polnischem Recht richtet, sodass der Kl. ohne Beauftragung eines Rechtsanwalts trotz der dem Grunde nach unstreitigen Haftung der Bekl. für die Unfallfolgen nicht in der Lage gewesen wäre, den genauen Umfang seiner – durch die Bekl. zum überwiegenden Teil bestrittenen – Ersatzansprüche zu ermitteln und gegenüber der Bekl. geltend zu machen. Dass der Kl. die Rechtsanwaltskosten nach deutschem Recht auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes bemisst, ist nach polnischem Recht nicht zu beanstanden (Rechtsgutachten). Der Kl. hat sich in seinem Heimatland Deutschland um Rechtsrat bemühen müssen, sodass es auf die Vergütung, die einem polnischen Rechtsanwalt zu zahlen wäre, nicht ankommen kann. Zahlungsverzug der Bekl. ist keine Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten (Rechtsgutachten).

6. Ein Anspruch auf Erstattung eines Nutzungsausfallschadens besteht nach polnischem Recht nicht (Rechtsgutachten), was auch das LG erkannt hat, obwohl es den entsprechenden Forderungsbetrag irrtümlich dennoch zugesprochen hat. Insoweit ist der Kl. einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich nicht entgegengetreten.

 

Anmerkung:

Zumindest in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit außergerichtlichen Anwaltskosten würde ein polnisches Gericht hier mit hoher Wahrscheinlichkeit anders entscheiden. In Polen ist die Erstattungsfähigkeit von vorgerichtlichen Anwaltskosten auf absolute Ausnahmefälle beschränkt und zumindest dann, wenn man im Polen klagen würde, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit das Gericht nicht dazu kommen, dass die Anwaltskosten des deutschen Geschädigten erstattungsfähig sind.

Für die Klage vor deutschen Gerichten ist das Urteil selbstverständlich für Geschädigte mit Sitz in Deutschland sehr positiv. Auch gegenüber den Versicherung könnte man auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf verweisen. Allerdings sind die Versicherung nicht gehalten sich daran zu halten. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes dazu liegt noch nicht vor.

Zu beachten ist auch, dass hier die Rechtsfindung des Gerichtes dadurch erfolgte, dass ein Rechtsgutachten eingeholt wurde. D. h., das Gericht hat sich hier nicht selbst mit dem polnischen Verkehrsunfallrecht beschäftigt, sondern hat einen Gutachter beauftragt zu den entsprechenden Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Ein anderer Gutachter kann dies anders sehen (dies gilt natürlich auch für Gerichte).


Rechtsanwalt Andreas Martin – Anwalt in Polen/ Stettin

 

 

das polnische Urteil – Unterschiede zum deutschen Titel

Für den deutschen Rechtsanwalt, der zum ersten Mal ein polnisches Urteil in den Händen hält, sind einige erhebliche Unterschiede zum deutschen Titel (Urteil) auf den ersten Blick erkennbar.

Diese sind u.a.:

  • keine genaue Bezeichnung der Parteien des Rechtsstreits (meist auch ohne Anschriften)
  • Zinsen nur als “gesetzliche Zinsen” bezeichnet
  • Kosten des Rechtsstreits und Entscheidung, wer diese zu erstatten hat, bereits beziffert

Bezeichnung der Parteien

Im deutschen Urteil sind die Parteien im Langrubrum genau bezeichnet. Dort steht der vollständige Name und die Anschrift der Parteien. Im polnischem Urteil ist dies anders. Dort sind die Parteien im Kurzrubrum ohne Anschrift bezeichnet und man kann sich vorstellen, dass es zu Problemen bei der Vollstreckung kommen kann, wenn es sich hier um Allerweltsnamen, wie Müller oder Meier (in Polen: Nowak, Kowalski, Malinowski …).

Weiter versteht der deutschen Anwalt auch nicht, weshalb selbst diese Namen nicht exakt so heißen, wie die Parteien. Dies liegt darin, dass in der polnischen Sprache auch Namen dekliniert werden. So wird z.B. aus Andreas Martin im Urteil Andreasa Martina, da die Namen ebenfalls dekliniert werden.

Abhilfe dieser “Ungenauigkeiten” schafft hier die neue gesetzliche Regelung in Polen, dass schon in der Klage die PESEL-Nummer der Parteien anzugeben sind. Damit ist die Bezeichnung eindeutig, da es eben für jede Person in Polen mit polnischer Staatsangehörigkeit eine PESEL-Nummer (Identnummer) gibt. Ein Problem ist aber, wenn sich  Klage gegen einen Deutschen richtet (der manchmal auch noch falsch bezeichnet wird); denn dieser hat keine PESEL-Nummer.

Zinsen in Polen – “gesetzliche Zinsen”

Im polnischen Urteil steht, dass z.B. der Beklagte die Hauptforderung nebst gesetzlicher Zinsen ab dem … zu zahlen hat. Die Höhe der Zinsen steht dort aber nicht. Die Zinshöhe der gesetzlichen Zinsen ergibt sich aus der jeweiligen aktuellen Verordnung des polnischen Ministerrates in Verbindung mit der Regelung im polnischen KC (BGB). Die gesetzlichen Zinsen in Polen betragen derzeit 13 % pro Jahr.

Kosten des Rechtsstreits

In Deutschland findet man im Urteil ein sog. Kostengrundentscheidung, dass heißt, dass dort nur steht, wer die Kosten zu tragen hat und erst in einem zweiten Schritt im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der erstattungsfähigen Kosten beschlossen wird (im Kostenfestsetzungsbeschluss). In Polen ist dies anders. Hier steht schon im Urteil, wie hoch die Kosten sind, die die Gegenseite zu zahlen hat, wenn diese den Prozess verloren hat. Dies ist praktisch, da man nur aus einem Titel vollstrecken muss. In Polen setzt also der Richter gleich im Urteil die Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten und Gerichtskosten fest. Dies ist meist für den Richter auch nicht besonders schwer, da es in Polen eine Anwaltsgebührenordnung für das gerichtliche Verfahren gibt; allerdings sind die Rahmengebühren, die – je nach Schwierigkeit bis zum Faktor 6 erhöht werden können. Dies alles interessiert den polnischen Richter aber nicht, denn in Polen wird vom Gericht immer nur den Mindestgebühr als erstattungsfähig festgesetzt.

Anwalt A. Martin – Stettin (Polen)

Zwangsvollstreckung aus deutschen notariellen Urkunden (mit Vollstreckungsunterwerfung) und Prozessvergleichen in Polen

In Deutschland wird die Zwangsvollstreckung nicht nur aus gerichtlichen Urteilen und Beschlüssen betrieben, sondern aus allen Titeln, die nach der deutschen Zivilprozessordnung Vollstreckungstitel sind. Dazu zählen auch notarielle Urkunden, in denen sich der Schuldner mit seinem Vermögen der Zwangsvollstreckung unterwirft und darüber hinaus auch Prozessvergleichen, die vor dem Gericht geschlossen werden.

 Vollstreckung in Polen

Wenn solche Urkunden/Titel vorliegen, stellt sich die Frage, ob daraus auch in Polen die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann.

 Zwangsvollstreckung nach der EuGVVO – Brüssel I – VO

Zu beachten ist hier, dass hier eine Regelung zur Anwendung kommt, die innerhalb der Europäischen Union die gegenseitige Anerkennung aus ausländischen öffentlichen Urkunden und Prozessvergleichen regelt. Die Rechtsverordnung 44/2001 (in Deutschland auch EuGVO genannt oder Brüssel I – VO) enthält hier die entsprechenden Regelungen.

 Anerkennung von öffentlichen Urkunden Deutschland – Polen

Art. 57 der EuGVO regelt hier die Anerkennung von öffentlichen Urkunden und Prozessvergleichen.

Dort heißt es:

 (1) Öffentliche Urkunden, die in einem Mitgliedstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, werden in einem anderen Mitgliedstaat auf Antrag in dem Verfahren nach den Artikeln 38 ff. für vollstreckbar erklärt. Die Vollstreckbarerklärung ist von dem mit einem Rechtsbehelf nach Artikel 43 oder Artikel 44 befassten Gericht nur zu versagen oder aufzuheben, wenn die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Vollstreckungsmitgliedstaats offensichtlich widersprechen würde.

(2) Als öffentliche Urkunden im Sinne von Absatz 1 werden auch vor Verwaltungsbehörden geschlossene oder von ihnen beurkundete Unterhaltsvereinbarungen oder -verpflichtungen angesehen.

(3) Die vorgelegte Urkunde muss die Voraussetzungen für ihre Beweiskraft erfüllen, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie aufgenommen wurde, erforderlich sind.

(4) Die Vorschriften des Abschnitts 3 des Kapitels III sind sinngemäß anzuwenden. Die befugte Stelle des Mitgliedstaats, in dem eine öffentliche Urkunde aufgenommen worden ist, stellt auf Antrag die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang VI dieser Verordnung aus.

 

öffentliche Urkunde = Notarurkunde?

Der Begriff der öffentlichen Urkunde ist autonom auszulegen. Unstreitig gehört zu öffentliche Urkunde auch notarielle Urkunden. Im übrigen ist zum Beispiel ein Anwaltsvergleich eine solche öffentliche Urkunde nicht.

Verfahren auf Vollstreckbarkeit in Polen

Es ist ein so genanntes Vollstreckbarerklärungsverfahren durchzuführen nach Art. 38 EuGVO.

zuvor aber Bestätigung vom deutschen Landgericht

In Deutschland ist zuvor beim Landgericht ein Antrag – auf Ausstellung  einer Bescheinigung nach dem Anhang VI der EuGVO zu stellen. Bei Prozessvergleichen ist der Anhang V der EuGVO in Deutschland auszustellen.

Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung und Klauselerteilung in Polen

Damit ist dann in Polen ein Antrag auf Anerkennung der öffentlichen Urkunde und Klauselerteilung zustellen.

Anwalt A. Martin

 

 

 

 

Inkasso in Polen – Forderungseinzug – welche Fehler werden hier gemacht?

Immer mehr Forderungen werden von deutschen Gläubigern in Polen geltend gemacht.Von daher in das Inkasso in Polen immer wichtiger, um Forderungen in Polen erfolgreich durchzusetzen. Häufig besteht gar keine Wahl, da es schlichtweg vergessen wurde eine Gerichtstandsvereinbarung wirksam zu treffen. Der erste Fehler liegt meistens schon in der fehlenden Prüfung, wo man die Forderung – also in DE oder PL – durchsetzen kann. Es kommt manchmal vor, dass man nach Wahl des Gläubigers in Deutschland aber auch in Polen klagen kann. Dann sollte man sich – durch einen Rechtsanwalt, der sich in deutsch-polnischen Rechtssachen auskennt – beraten lassen, wo eine Klageerhebung günstiger wäre.

 

Problem der internationalen Zuständigkeit der Gerichte – in Deutschland oder Polen klagen?

Die internationale Zuständigkeit der Gerichte bestimmt sich hier nach der EuGVVO (EG 44/2001). Ohne Gerichtsstandvereinbarung – die nach der EuGVVO – wenigstens halbschriftlich geschlossen werden muss; der bloße Verweis auf die AGB reicht also ohne Bestätigung im Normalfall nicht aus – kommt man häufig nicht zur Zuständigkeit deutscher Gerichte.

Wenn man die Forderung nicht in Deutschland durchsetzen kann, muss man in Polen klagen. Manchmal  hat man auch zwischen polnischen und deutschen Gerichten die Wahl, dies muss man dann auch erkennen und die “richtige Entscheidung” für den jeweiligen Fall treffen. Man kann nicht pauschal sagen, dass die Durchsetzung der Forderung in Polen im Wege der Klage immer besser ist; dies gilt auch für die Klage in Deutschland. Die Kosten für die Klage in Polen (GerichtskostenAnwaltskosten) sind nicht immer günstiger als in Deutschland. In Polen ist man aber “näher” am Schuldner dran und kann z.B. häufig im Klageverfahren schon Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf vorhandenes Vermögen treffen.Welche Fehler werden beim Forderungseinzug in Polen gemacht?

 

Fehler bei Klagen in Deutschland gegen polnische Schuldner

In Deutschland werden ebenso Fehler der sog. deutsch-polnischen Klagefällen gemacht, wenn der Kläger sich mit solchen Fällen nicht auskennt und diese “nebenbei” durchsetzen möchte. Man sollte schon hier überlegen, ob man nicht eine Anwaltskanzlei bei der Klage in Deutschland beauftragt, die schon von Anfang an, die Weichen für eine wirksame Zwangsvollstreckung in Polen stellt und grundlegende Informationen über den Schuldner in Polen einholt.

häufige Fehler bei Klagen gegen polnische Schuldner in Deutschland sind:

  • bei Klagen in Deutschland wird häufig die Rechtsform des polnischen Schuldners falsch angegeben (z.B. PHU oder FHU sind keine Rechtsformen!), was zu Problemen bei der Vollstreckung in Polen führt
  • falsche Adresse der Gegenseite (es wird die Adresse / Anschrift nicht vor Klageerhebung überprüft) – dies verzögert die Zustellung in Polen
  • polnische Firma befindet sich in Liquidation oder Insolvenz (dies kann man ebenfalls vor Klageerhebung in Polen prüfen!)
  • zu langes Warten bei der Forderungsdurchsetzung (Schuldner hatte Zeit sein Vermögen “in Sicherheit zu bringen”)
  • Nichtbeachtung, dass bei einer Klage in Deutschland – der Schuldner in Polen die “Zustellung der Klage zurückweisen” kann, wenn keine Übersetzung der Unterlagen ins Polnische erfolgt (wer hier in DE eine Klage mit diversen Anlagen einreicht, wundert sich schnell über die Höhe der Übersetzungskosten!)
  • Forderungshöhe ist zu gering (auch die Vollstreckung in Polen kostet – Forderungen unter € 2.000 braucht man gar nicht erst titulieren zu lassen, sofern man nicht sicher weiss, dass die Vollstreckung erfolgreich sein wird)
  • gerichtliche – internationale – Zuständigkeit wurde nicht ausreichen geprüft (kann zur Klageabweisung führen – häufig bei Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB ein Problem)

 

 Klage in Polen gegen polnischen Schuldner/ polnische Firma

Wenn man in Polen klagen muss oder sich im Rahmen einer Wahlmöglichkeit für die Klage in Polen entschieden hat, geht es daran die Forderung vor den polnischen Gerichten effektiv durchzusetzen. Dabei ist zu beachten, dass die Klage in Polen etwas “formeller” ist als in Deutschland. Es sind hier mehr Formalien zu beachten, deren Nichtbeachtung meist dazu führt, dass die Klage abgewiesen wird.

Dass man als deutscher Geschäftsmann nicht selbst – also ohne Anwalt in Polen – klagen sollte, liegt auf der Hand. Die Praxis zeigt aber, dass dies vereinzelt vorkommt und meistens – dies liegt ebenfalls auf der Hand – verlustreich scheitert. Hierbei sind meistens die Sprachkenntnisse noch das geringste Problem.

Der deutsche Forderungsinhaber weiß häufig nicht, wie er die Forderung in Polen durchsetzen soll. Er hat faktisch keine Chance selbst in Polen tätig zu werden. Es fehlen Informationen. Also wird dann nach einem Partner gesucht, der die Forderung in Polen durchsetzt.

 

Rechtsanwaltsvertretung in Polen  

In Polen gibt es kein Rechtsberatungsgesetz. Faktisch kann jeder dort Rechtsberatung durchführen. Häufig treten dort Kanzleien auf, die sich “Wirtschaftskanzlei” nennen, in denen aber noch nicht einmal ein “richtiger Anwalt” (also ein Volljurist – in Polen Jurist + abgeschlossenes Referendariat) arbeiten muss. Wie qualifiziert der Geschäftspartner ist, kann der deutsche Mandant nicht erkennen. Man kann zwar nicht ohne weiteres sagen, dass die Durchsetzung der Forderung damit “gefährdet” ist oder diese Personen generell minderwertige Dienstleistungen anbieten; aber häufig erwarten deutsche Geschäftsleute ja gerade eine mit deutschen Anwälten vergleichbare Qualifikation auch in Polen, welche es natürlich gibt.

Die Eintreibung von Forderungen als Deutschland per Inkassobüro in Polen kann ebenfalls den obigen Nachteil haben, dass der deutsche Mandant nicht weiß, wer wird hier genau für ihn tätig und welche Qualifikation hat diese Person. Bei großen Inkassofirmen kann allerdings meistens eine ausreichende Qualifikation und Professionalität auch in Polen unterstellt werden.

 

Adwokat und Radca Prawna in Polen

In Polen gibt es darüber hinaus zwei verschiedene “Arten” von “polnischen Rechtsanwälten”, deren Qualifikation mit deutschen Anwälten vergleichbar ist. Es gibt den ADWOKAT und den RADCA PRAWNY. Beide haben ungefähr die Qualifikation eines Rechtsanwalts in Deutschland. Man kann heute nicht mehr sagen, dass der polnische Rechtsberater eine schlechtere Qualifikation hat als der Adwokat in Polen. Ein Adwokat darf nicht als angestellter Anwalt arbeiten. Viele Rechtsberater haben in Polen eine Anstellung in einer Firma und betreiben nebenbei noch die Kanzlei.

 

RA A. Martin