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Muss man mit polnischen Arbeitnehmern den Arbeitsvertrag auf Polnisch schließen?

Deutsche Arbeitgeber können mittlerweile polnische Arbeitnehmer beschäftigen. Immer mehr Polen arbeiten in Deutschland, wobei auf beiden Seiten immer noch große Unsicherheiten bestehen.

polnische Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigen

deutscher Arbeitsvertrag für polnische Arbeitnehmer

Beschäftigung unter Umgehung von tariflichen Mindestlöhnen

Polnische Arbeitnehmer müssen – sofern hier Mindestlöhne durch Verordnung oder Tarifvertrag (z.B. Bau/ Gebäudereiniger etc) festgesetzt sind – zu diesen Löhnen wenigstens beschäftigt werden. Häufig versuchen deutsche Arbeitgeber dies zu umgehen, in dem sie Polen im Rahmen von Werkverträgen beschäftigen. In vielen Fällen handelt es sich aber nicht um Werkunternehmer (auf polnischer Seite), sondern faktisch und damit auch rechtlich um Arbeitnehmer. Auch ist zu beachten, dass in Branchen für die kein Mindestlohn existiert nach der Rechtsprechung des BAG der Lohn des Arbeitnehmers wenigstens 2/3 des regionalen und branchenüblichen Lohnes entsprechen muss. Grundsätzlich kann man von daher sagen, dass eine Beschäftigung von polnischen Arbeitnehmern in Deutschland zu Niedriglöhnen schwierig ist.  Auch die Entsendung von polnischen Arbeitnehmern (ggfs. mit der Einsparung der Sozialversicherungsabgaben in Deutschland) nach Deutschland bedarf einer Erlaubnis.

gesetzlicher Mindestlohn als Gehaltsuntergrenze

Seit Oktober 2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn € 12,00 brutto und dieser ist ebenfalls für polnische Arbeitnehmer, die in Deutschland tätig sind, zu zahlen.

Arbeitsvertrag in Deutsch oder Polnisch oder in Übersetzung

Entscheidet sich nun ein deutscher Arbeitgeber polnische Arbeitnehmer zu beschäftigen, dann steht am Anfang der Arbeitsvertrag als Grundlage des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitsvertrag muss nach dem Nachweisgesetz (§ 2 NachwG) vom Arbeitgeber schriftlich fixiert werden.

 

§ 2 Abs. 1 Nachweisgesetz (neue Fassung/ 2023)

(1) Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
3.
bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
4.
der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
5.
eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
6.
sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
7.
die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
8.
die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
9.

bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:

a)
die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
b)
die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
c)
der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
d)
die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
10.
sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
11.
die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
12.
ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
13.
wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
14.
das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
15.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Dem Arbeitnehmer ist die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 1, 7 und 8 spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung, die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 2 bis 6, 9 und 10 spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses und die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach Satz 2 spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.

Weiter stellt sich nun die Frage ob der Arbeitgeber den schriftlichen Arbeitsvertrag auf Deutsch oder Polnischer oder ggfs. Deutsch mit polnischer Übersetzung ausfertigen soll, denn ein Großteil der polnischen Arbeitnehmer sprechen eben nicht perfekt Deutsch und verstehen zu großen Teilen die Juristensprache, die sich ja häufig in Arbeitsvertragsformularen findet, nicht. Dabei ist auch zu beachten, dass mit Sicherheit die meisten polnischen Arbeitnehmer das deutsche Arbeitsrecht nicht kennen und das deutsche und polnische Arbeitsrecht erhebliche Unterschiede in Bezug auf Probezeit, Kündigungsfristen, Angabe von Kündigungsgründen und der Zulässigkeit von Kündigungen während einer Erkrankung oder während des Urlaubs zum deutschen Arbeitsrecht aufweisst.

Arbeitsvertrag auf Deutsch in der Regel ausreichend

Überwiegend steht die arbeitsvertragliche Rechtsprechung auf den Standpunkt, dass der ausländische Arbeitnehmer (also auch der polnische Arbeitnehmer), der sich auf den deutschen Arbeitsmarkt bewirbt und hier in Deutschland arbeiten möchte nicht verlangen kann, dass der Arbeitsvertrag in seiner Heimatsprache gefertigt wird. Wenn der ausländische Arbeitnehmer -ohne dies zu verstehen – einen deutschen Arbeitsvertrag unterzeichnet, kann er sich nicht darauf berufen, dass er diesen nicht verstanden hat; er ist an den Vertrag gebunden. Dies wurde bereits mehrfach entschieden. Ganz unumstritten ist dies aber nicht. In der juristischen Literatur (auch eine Entscheidung des LAG Frankfurt aus dem Jahr 1974 führt dies aus) werden auch gegenteilige Auffassungen – gerade im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer und mit dem Argument, dass eine Willenserklärung (Arbeitsvertragsangebot) nur dann dem Arbeitnehmer zugehen kann, wenn er diese auch inhaltlich erfasst – vertreten.

sicherste Variante – Dolmetscher / Übersetzung

Grundsätzlich sollte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertragsentwurf von daher vor dem Vertragsschluss übersenden und diesen darum bitten, dass sich der Arbeitnehmer den Vertrag ins Polnische übersetzen lässt und dann kurz bestätigen lässt, dass der Arbeitnehmer den Vertrag verstanden hat. Der Arbeitgeber kann den Vertrag auch selbst vorher übersetzen lassen; dies hat aber den Nachteil der Kostentragung und das Übersetzungsfehler, dann zu Lasten des Arbeitgebers gehen dürften. Die Übersetzung des Vertrages durch einen Dolmetscher vor Ort wäre eine andere Alternative, wobei diese recht zeitaufwendig ist und der Übersetzer über gute juristische Sprachkenntnisse verfügen muss. In der Praxis werden aber die wenigsten Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag beim Übersetzer vorlegen, sondern wohl eher Verwandte und Bekannte, “was im Vertrag so ungefähr steht”. Dies ist aber nicht das Problem des deutschen Arbeitgebers.

Sprachklausel vorab

Eine Vereinbarung vorab wonach die Arbeitsvertragsparteien als Vertragssprache die deutsche Sprache festlegen, ist ebenfalls möglich.

Abmahnung – Besonderheiten bei ausländischen Arbeitnehmern

Wird keine Vertragssprache vereinbart und spricht und versteht der ausländische Arbeitnehmer erkennbar schlecht Deutsch, dann kann – entgegen den obigen Grundsätzen – es treuwidrig sein, wenn gegenüber dem polnischen Arbeitnehmer eine Abmahnung auf Deutsch ausgesprochen wird, denn die Hinweis- und Warnfunktion der Abmahnung kann dadurch nicht realisiert werden, wenn der Arbeitnehmer diese nicht versteht.

Kurz gesagt, der Arbeitgeber sollte grundsätzlich Vorsicht walten lassen und sich für den sichersten Weg entscheiden.

Rechtsanwalt Martin – Stettin/ Berlin

Wie kann man ab 1. Mai 2011 polnische Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigen?

Ab 1. Mai 2011 besteht die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für Arbeitnehmer aus Polen. Dies heißt, dass polnische Arbeitnehmer ab diesem Tag in Deutschland ohne Arbeitserlaubnis tätig werden können. Vorher war es ja schon möglich als Unternehmer (Einzelfirma/ GmbH) in Deutschland tätig zu werden, wobei – ehrlich gesagt – schon ein Großteil der “Selbstständigen” damals schon faktisch Arbeitnehmer waren und man durchaus von sog. “Scheinselbstständigkeit” sprechen kann.

Was müssen nun deutsche Arbeitgeber – die Polen beschäftigen wollen – beachten?

1. Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag muss grundsätzlich nicht auf Polnisch vorliegen. Es macht aber Sinn den Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer zur Übersetzung mitzugeben und dann sich bestätigen zu lassen, dass er den Vertrag verstanden hat und selbst hat übersetzen lassen. Wenn die Arbeitsleistung überwiegend in Deutschland zu erbringen ist, gilt deutsches Recht. Siehe den Artikel “Muss man mit polnischen Arbeitnehmer die Arbeitsverträge auf Polnisch schließen?” Häufig kommen polnische Arbeitnehmer in Arbeitsrechtsfällen zu mir und meist ist der erste Vorwurf, den man den deutschen Arbeitgeber macht, dass man etwas unterschrieben hat (Arbeitsvertrag), aber nicht wusste was dort stand. Dies hilft dem Arbeitnehmer im Normalfall nicht weiter; es kann aber nicht schaden, wenn der Arbeitgeber – bei häufiger Verwendung – sich den Arbeitsvertrag ins polnische übersetzen lässt. Wenn man dies macht, muss die Übersetzung aber richtig sein!

Zu beachten ist, dass Abmahnungen aber sicherheitshalber übersetzt werden sollten, da Voraussetzung für diese auch sind, dass der Arbeitnehmer diese versteht!

Der Arbeitgeber ist – dies gilt auch für die Beschäftigung von deutschen Arbeitnehmern – nach dem Nachweisgesetz (§ 2 Abs. 1 NachwG) verpflichtet die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dann – unterschrieben – dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

§ 2 Abs. 1 Nachweisgesetz regelt nämlich:

(1) Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,

2.der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,

3.bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,

4.der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann,

5.eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,

6.die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit,

7.die vereinbarte Arbeitszeit,

8.die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,

9.die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses,

10.ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

In der Praxis geschieht dies nicht immer, was zu dazu führen kann, dass der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf seine Arbeitskraft hat, einen Anspruch auf die Erfüllung des Nachweisgesetzes hat und auch Schadenersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber haben kann, wenn er (der Arbeitnehmer) z.B. Ansprüche, die aufgrund von Ausschlussfristen verfallen sind, nicht mehr geltend machen kann.

2. Abmahnungen

Abmahnungen sollten – bei sprachunkundigen Arbeitnehmern – auf jeden Fall auch auf Polnisch erfolgen. Dies gilt auch für weitreichende Erklärungen, wie Ausgleichsquittungen etc.. Dies ist deshalb notwendig, da eine wirksame Abmahnung dem Arbeitnehmer nochmals sein vertragswidriges Verhalten vor Augen führen soll. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer auch versteht, was er falsch gemacht hat (Hinweisfunktion der Abmahnung) und dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen hat (Warnfunktion der Abmahnung).

3. Lohnzahlungen

In Bezug auf Zahlungen von Arbeitslohn macht es Sinn, wenn der polnische Arbeitnehmer keine Barzahlungen erhält, sondern ganz normal über ein deutsches Konto (welches notfalls anzulegen ist) die Lohnzahlung abgewickelt wird. Zahlungen ins Ausland dauern lange und können später auch nicht mehr nachvollzogen werden, da eine Kommunikation mit der polnischen Bank schwierig ist. Barzahlen sind später problematisch, da Nachweise meist über die Zahlung nicht immer einfach sind. Auch drängt sich dann für deutsche Behörden der Verdacht auf, dass nicht der Arbeitslohn in voller Höhe “versteuert” (Stichwort: Sozialversicherungsabgaben)  werden sollte. Auch kann es sein, dass der polnische Arbeitnehmer ganz schnell “vergisst”, dass er eine Zahlung in bar erhalten hat. Der Arbeitgeber muss diese ja nachweisen, nicht der Arbeitnehmer!

4.  Mindestlohn ab 1.1.2015

In Deutschlang gibt es nun ab dem 1.1.2015 – wie auch in Polen – einen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser ist im Mindestlohngesetz geregelt und beträgt derzeit 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde. Bei der Frage, für wen der Mindestlohn zu zahlen ist, spielt die Nationalität der Arbeitnehmer keine Rolle. Von daher muss der deutsche Arbeitgeber auch seinen polnischen Arbeitnehmern wenigstens den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Selbstverständlich suchen – seit der Einführung des Mindestlohnes – viele Arbeitgeber nach “Vermeidungsstrategien “, um den Mindestlohn nicht zu zahlen. Dies ist aber gefährlich und funktioniert meistens nicht.

4 a Tariflöhne

In Deutschland gibt es – unabhängig vom gesetzlichen Mindestlohn –  branchenabhängig allgemeinverbindliche Tarifverträge, die zu beachten sind und meistens einen Mindestlohn enthalten, der auch für die polnischen Arbeitnehmer gilt. Solche Branchen sind z.B. das Bauhauptgewerbe, das Dachdeckergewerbe, die Gebäudereinigung, Abfallwirtschaft und jetzt auch die Leiharbeit. Diese Lohn muss an den polnischen Arbeitnehmer mindestens gezahlt werden. Zur Umgehung von Mindestlohnzahlungen wird häufig versucht den polnischen Arbeitnehmer als Selbstständigen im Rahmen von Werkverträgen zu beschäftigen. Hierbei wird häufig übersehen, dass es nicht auf das “Papier” (also den Vertrag), sondern darauf ankommt, wie das Rechtsverhältnis tatsächlich ausgestaltet wird.

5. sittenwidriger Lohn

Auch über den Tariflohn und den  Mindestlohn kann ein Lohn sittenwidrig sein. Hier ist wichtig, dass das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden hat, dass eine Lohnvereinbarung sittenwidrig ist, wenn diese nur um 1/3 (oder mehr unter dem ortsüblichen und branchenüblichen Arbeitslohn liegt. Ist die Vereinbarung sittenwidrig, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung des orts- und branchenüblichen Lohnes. Dies wird aber nur bei sehr hochqualifizierten Arbeitnehmern der Fall sein.

6. polnische Mentalität

Die Unterschiede zwischen der deutschen und polnischen Mentalität werden oft unterschätzt. Man meint landläufig (auch in Polen), dass es keine Mentalitätsunterschiede gibt, was nicht richtig ist. Im Arbeitsrecht zeigt sich dies, vor allem, wenn es Probleme zwischen AN und AG gibt.  Hier wird dann sehr emotional auf Seiten des polnischen Arbeitnehmers argumentiert. Gerade bei Vergleich, die ja häufig vor den Arbeitsgerichten geschlossen werden, zeigen sich polnische Arbeitnehmer meistens kompromisslos; dies deshalb, da sich diese sehr von ihren Emotionen leiten lassen und nicht vorstellen können, mit dem Arbeitgeber einen Vergleich zu schließen.

7. Unterschiede zum deutschen Recht

Das polnische Arbeitsrecht ist nicht mit dem deutschen identisch.

Insbesondere gibt es häufig zu folgenden Problemen häufig Fragen von polnischen Arbeitnehmern (Erfahrungen aus meiner Kanzlei in Stettin/ Berlin):

  • Kündigung während Krankheit (in Polen unzulässig)
  • Kündigung während des Urlaubs (in Polen unzulässig)
  • Arbeitsunfälle (hier gibt es in Polen – Schadenersatzansprüche gegen den Arbeitgeber – in DE aber fast nie)
  • Übersendung von Krankenschein (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Frage nach deutscher oder polnischer AU)
  • Krankschreibung in Polen (ist dort weitaus einfacher möglich – “wenn man höflich beim Arzt nachfragt”/ Anerkennung in DE)
  • Geltendmachung von Überstunden (ist in Polen einfacher möglich)
  • Urlaubsabgeltung und Urlaubsgewährung (in Polen anders geregelt)
  • unentschuldigtes Fehlen (kommt häufiger vor – später wird gesagt, man hat Urlaub genommen)
  • Abfindung (hier vermuten polnische Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung bei Kündigung)
  • Ausschlussfristen (sind in Polen im Arbeitsrecht unbekannt – diese werden häufig von polnischen Arbeitnehmern versäumt, auch schon wegen des sorglosen Umgangs mit Dokumenten)

 

Der Beitrag wird fortgesetzt:

Anwalt Martin – Rechtsanwalt in Stettin/Polen