gesetzliche Zinsen (Verzugszinsen) in Polen

Verzugszinsen Polen -Update 2019

polnisches Urteil – Zinsen

Wer schon einmal ein polnisches Urteil in den Händen gehalten hat bzw. dessen Übersetzung wird ggfs. bemerkt haben, dass in Polen die Hauptforderung meist immer mit den “gesetzlichen Zinsen” verzinst wird.

Odsetki ustawowe = gesetzliche Zinsen

Im Urteil in Polen steht aber nicht die Höhe der gesetzlichen Zinsen (odsetki ustawowe) .

Zinshöhe steht im Urteil nicht

Ein weiterer Unterschied besteht im übrigen darin, dass in Polen die Anwalts- und Gerichtskosten, die die Gegenseite zu erstatten hat, bereits im Urteil beziffert sind.

keinen Kostenfestsetzungsbeschluss in Polen

Einen Kostenfestsetzungsbeschluss – wie in Deutschland – gibt es in Polen nicht.

gesetzlicher Zins in Polen

Wie hoch dieser Zins ist, steht im Urteil nicht. Dies kann ein Problem für den deutschen Unternehmer sein, der ein Urteil in Polen erlangt hat und in Deutschland vollstrecken will. Ebenso wenig weiß dies der deutsche Gerichtsvollzieher. Um die Zinsen berechnen zu können, muss dies aber klar sein.

Der gesetzliche Zins in Polen bestimmt sich nach dem polnischen BGB (KC) und der Verordnung des Ministerrates. Der Ministerrat beschließt die Höhe der Zinsen.

Zinssatz in Polen ab 1988

ZeitraumZinshöhe Polen in Prozent
16.04.1998 – 31.01.199933 %
1.02.1999 – 14.05.199924 %
15.05.1999 – 31.10.200021 %
1.11.2000 – 14.12.200130 %
15.12.2001 – 24.07.200220 %
  25.07.2002 – 31.01.200316 %
1.02.2003 – 24.09.200313 %
25.09.2003 – 9.01.200512,25 %
10.01.2005 – 14.10.200513,5 %
15.10.2005 – 14.12.200811,5 %
15.12.2008 – 22.12.201413 %
23.12.2014 – 31.12.20158 %
1.01.2016 – 31.05.20197 %

aktueller Zinssatz in Polen – 2019

Der aktuelle Zinssatz in Polen beträgt derzeit 7 % pro Jahr.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Stettin/ Polen

BGH: Vollstreckung aus ausländischen Schiedsspruch auch bei Verstoß gegen zwingendes materielles Recht möglich

Der Bundesgerichtshof (Beschluss v. 28.1.2014, III ZB 40/13) hält eine Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Schiedsspruch in Deutschland für zulässig, auch wenn dieser gegen zwingendes materielles, deutsches Recht verstößt. Allein, wenn ein Verstoß gegen den sog. ordre public (wesentlichen Wertvorstellungen des deutschen Rechts) vorliegen würde, stünde dies einer Vollstreckung in Deutschland entgegen.

Die Entscheidung ist nicht überraschend und entspricht auch den Regelungen in der EuGVVO, der EuGVÜ und dem Lugano-Abkommen. Alles andere wäre “sehr unpraktisch” gewesen. Man stelle sich vor, dass die deutschen Gerichte beim Antrag auf Klauselerteilung in Deutschland den materiellen Inhalt des ausländischen Urteils/Schiedsspruches und dessen Vereinbarkeit mit deutschen Recht überprüfen müssten.

RA A. Martin

 

Forderungseinzug in Polen – in Deutschland oder Polen klagen?

Viele deutsche Firmen und Geschäftsleute treiben seit Jahren Handel mit polnischen Partnern oder engagieren sich auf andere Art in Polen. Wie auch in Deutschland kann es hier zu Zahlungsschwierigkeiten der polnischen Geschäftspartner kommen, was die Frage nach sich zieht, ob hier eine gerichtliche Durchsetzung in Polen oder in Deutschland sinnvoller ist (sofern man hier überhaupt die Wahl hat/ siehe Problem des Gerichtsstandes).

Klage in Deutschland oder Polen gegen polnischen Geschäftspartner

Eine pauschale Antwort kann man hier nicht geben. Wie so oft, kommt es auf den Einzelfall an. Es spielen hier viele Faktoren eine Rolle. Weiter muss man überhaupt die Wahl haben (häufig gilt hier die EuGVVO für die Frage, welches Gericht zuständig ist), was nicht immer der Fall ist. Eine solche Wahlmöglichkeit kann sich aber eröffnen, wenn man zuvor eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vereinbart hat (diese muss wenigstens halbschriftlich geschlossen werden; eine bloße Regelung innerhalb der AGB reicht in der Regel nicht aus – Art. 23 EuGVVO) oder der Erfüllungsort in Deutschland (siehe hier – sofern anwendbar – Art. 5 EuGVVO) liegt.

Kosten für Gerichtsverfahren in Polen nicht automatisch geringer?

Ein häufiges Missverständnis besteht darin, dass deutsche Geschäftsleute meinen, dass ein Gerichtsverfahren (siehe polnische Anwalts– und Gerichtskosten) in Polen “ein Schnäppchen” sei. Dem ist nicht so. Auch ist zu beachten, dass man selbst beim Gewinnen des Prozesses in Polen fast immer auf einen Teil seiner eigenen Rechtsanwaltskosten sitzen bleibt. Dies hängt mit der (leider ständigen) Rechtsprechung polnischer Gerichte in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit von Anwaltsgebühren im Gerichtsverfahren zusammen.

Auch die Gerichtskosten müssen nicht geringer sein. Gerade bei hohen Streitwerten können die Gerichtskosten in Polen sogar höher sein.

Es findet polnisches Recht bei Klage in Polen Anwendung?

Ein weiteres Missverständnis besteht darin, dass deutsche Geschäftsleute häufig glauben, dass bei einer Klage in Polen immer polnisches Rechts Anwendung findet. Auch dies stimmt nicht. Die Frage, wo man klagt und welches Rechts Anwendung findet, darf man nicht miteinander vermischen. Bei vielen Kaufverträgen zwischen deutschen und polnischen Firmen – ohne wirksame Vereinbarung des anwendbaren Rechts – findet ohnehin CISG (UN-Kaufrecht) Anwendung, egal, ob man in Polen oder Deutschland klagt. Es kann durchaus sein, dass bei einer Klage in Polen sogar deutsches Recht oder ein Recht eines Drittstaates oder internationale Regeln Anwendung finden; welches Recht letztendlich Anwendung findet, hängt von mehreren Faktoren ab und muss zunächst sorgfältig geprüft werden. Ohne diese Prüfung ist eine sinnvolle Beantwortung der Frage, ob man besser in Polen oder in Deutschland die Forderung einklagt, nicht möglich.

Siehe : EG 593/2008 – Verordnung über auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht, welche einheitlich das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht festlegt.

Vorteile einer Klage in Polen

Die Klage in Polen hat in der Regel folgende Vorteile

  • Vollstreckung ohne Anerkennung der Entscheidung in Polen und damit schneller möglich
  • u.U. kann gleichzeitig mit der Klage der Zugriff auf das Vermögen des Schuldners beschränkt werden
  • sofern polnisches Recht gilt, ist das Verfahren hier vorhersehbarer und ein Gutachten ist hier nicht notwendig

Nachteile einer Klage in Polen

Die Klage in Polen hat  in der Regel folgende Nachteile

  • die formellen Voraussetzungen für den Kläger sind in Polen strenger (Klageforderung muss komplett belegt sein)
  • die Verfahrensvorschriften sind in Polen strenger (z.B. kurze Berichtigungsfristen – meist 7 Tage)
  • das Verfahren dauert meist länger als in Deutschland (es gibt meist mehr als 2 mündliche Verhandlungen)
  • polnische Gerichte (oft in den Eingangsinstanzen) sind häufig im Umgang mit internationalen Vorschriften unsicher
  • der Klagegegner kann sich u.U. selbst vertreten oder hat hier bereits einen Anwalt – wird also am Verfahren teilnehmen
  • selbst bei vollen Gewinnen des Verfahrens sind die Anwaltskosten nur zum Teil erstattungsfähig (der Mandant muss also auf jeden Fall einen Teil der Kosten selbst tragen)

Vorteile einer Klage in Deutschland

Die Klage in Deutschland (Beklagter ist Pole) hat in der Regel folgende Vorteile:

  • Verfahrensdauer ist kalkulierbarer und meist kürzer
  • formelle Voraussetzungen sind geringer als in Polen für den Kläger
  • der polnische Gegner beteiligt sich entweder gar nicht (ignoriert das Verfahren) oder verteidigt sich zu spät
  • zwischen polnischen Gegner und seinen deutschen Anwalt (wenn er denn einen einschaltet) gibt es häufig Abstimmungsschwierigkeiten (Dokumente und Informationen werden nicht rechtzeitig oder gar nicht übersandt – siehe polnische Mentalität)
  • gesetzlichen Anwaltsgebühren sind voll erstattungsfähig
  • Gerichte sind “sicherer” beim Umgang mit internationalen Regelungen

Nachteile einer Klage in Deutschland

Die Klage in Deutschland hat in der Regel folgende Nachteile:

  • Vollstreckung in später in Polen nötig
  • häufig wird die Gegenseite (also der Beklagte9 nicht richtig bezeichnet (Rechtsform oder Name falsch), da der Mandant oder Anwalt kein Polnisch kann bzw. die Rechtsform nicht kennt (siehe hier Problem z.B. Einzelfirma FHU oder PPHU).
  • Probleme der Gerichte beim Umgang mit polnischem Recht (Bestellung eines Gutachters), was zur Verlängerung des Verfahrens führt

 

Wir bereits oben ausgeführt, kommt es immer auf den Einzelfall an. Pauschal lässt sich schlecht sagen, ob man in Polen oder Deutschland klagen sollte. Gerade bei hohen Forderungen/ Inkassoforderungen in Polen sollte man besser eine deutsch-polnische Kanzlei einschalten, denn selbst bei einer Klage in Deutschland besteht erhebliches Fehlerpotenzial und Fehler im Titel kann man in der Regel im Zwangsvollstreckungsverfahren in Polen nicht mehr korrigieren.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Stettin – Löcknitz – Berlin

 

 

Vorsicht, immer Vertretungsbefugnis prüfen beim Abschluss von Verträgen mit polnischen Geschäftspartnern!

Viele deutsche Unternehmer treiben mit polnischen Geschäftsleuten Handelsgeschäfte. Aus meiner Praxis kann ich sagen, dass die Verträge, die hier geschlossen werden, meistens völlig unzureichend sind, sofern es überhaupt schriftliche Verträge gibt. Wenn alles gut läuft, denkt niemand darüber nach und man freut sich über die gut laufenden Geschäfte. Wenn es aber Probleme gibt, dann meistens richtig, die Durchsetzung der Ansprüche erschwert sich durch unzureichende Verträge erheblich.

 Gerichtsstandsvereinbarungen/ anzuwendendes Recht

Es fehlt hier häufig schon an den einfachsten Vereinbarungen, d.h. an der Regelung, welches Recht auf das Vertragsverhältnis anzuwenden ist und wo bei Streitigkeiten der Rechtsstreit (Gerichtsstandsvereinbarung) zu führen ist. Gerade durch eine vorteilhafte Gerichtsstandsvereinbarung (die wenigstens halbschriftlich zu schließen ist – siehe Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 EuGVVO) ist eine Forderungsdurchsetzung und ein möglicher Rechtsstreit erfolgreicher zu führen, als wenn es bei der gesetzlichen Regelung verbleibt.

 Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers/ Vorstandes der polnischen GmbH (Spzoo)

Unabhängig von diesen Problemen gibt es in Polen – gerade bei Vertragsschlüssen mit polnischen Körperschaften, wie zum Beispiel der polnischen GmbH (Spzoo) – noch  weitere Probleme, welche  im Vorfeld des Vertragsschlusses bestehen. Eines davon ist die Vertretungsbefugnis der polnischen GmbH.

Vertretungsbefugnis kann in Polen auch im Außenverhältnis beschränkt sein

Der deutsche Geschäftsmann geht davon aus, dass die Rechtslage Polen ähnlich wie in Deutschland ist und dass jeder Geschäftsführer einer polnischen GmbH, der Einzelvertretungsbefugnis hat, diese auch unabhängig von der finanziellen Höhe des Geschäftsschlusses, uneingeschränkt vertreten darf. In Deutschland ist es nämlich so, dass im Außenverhältnis die Vertretungsbefugnis nicht eingeschränkt werden darf. Wenn also im Geschäftsführervertrag sich eine Regelung findet, wonach der Geschäftsführer Rechtsgeschäfte bis zu einem Wert von 50.000 Euro selbständig abschließen darf und darüber hinaus aber die Zustimmung einer weiteren Person oder eines Organs der Gesellschaft benötigt, so bindet diese Regelung allein den Geschäftsführer aber nicht Dritte, also nicht den Vertragspartner. Schließt in diesem Fall der deutsche Geschäftsführer ohne die erforderliche Zustimmung also ein Rechtsgeschäft zum Beispiel über 100.000 € ab, so macht er sich im Innenverhältnis gegebenfalls schadenersatzpflichtig, der Vertrag ist im Außenverhältnis aber trotzdem wirksam, was heißt, dass die GmbH an diesem Vertrag gebunden ist.

“Abschlussbefugnis” des polnischen Vorstandes ggfs. nur bis zu einer bestimmten Höhe einer Forderung

In Polen ist dies anders. Hier kann die Vertretungsbefugnis sowohl im Innenverhältnis auch als im Außenverhältnis beschränkt werden. Dies hat Auswirkungen auf den Vertragsschluss. Im obigen Beispiel ist der vertraglich wirksam zu Stande gekommen, da der Geschäftsführer den Vertrag nicht allein unterzeichnen durfte. Er durfte nur bis zum Wert von 50.000 € selbstständig handeln. Diese Wirkung im Außenverhältnis gilt natürlich nur dann, wenn auch nach außen hin die beschränkte Vertretungsbefugnis kundgetan ist, nämlich über das polnische Handelsregister (KRS). Im polnischen Handelsregister, dass jeder Geschäftsmann, der mit einer polnischen GmbH eine Vertragsschluss, vorher einsehen sollte, finden sich neben der allgemeinen Vertretungsbefugnis auch Einschränkungen im Außenverhältnis.

in der Praxis ist dies aber die Ausnahme

Auch wenn in der Praxis diese Einschränkungen nicht sehr häufig vorkommen, kann dies ganz drastische Auswirkungen für den deutschen Geschäftspartner haben, wenn diese tatsächlich im Register notiert sind, aber der deutsche Geschäftsmann dies nicht überprüft hat.

polnisches Handelsregister (KRS) auf jeden Fall vor Vertragsschluss einsehen lassen!

Unabhängig davon, ist alleine schon für den deutschen Geschäftsmann das einsehen des polnischen Handelsregisters, dass man online einsehen kann, deshalb notwendig, um herauszufinden, ob überhaupt der Geschäftsführer der polnischen GmbH allein das Rechtsgeschäft abschließen darf bzw. ob dieser überhaupt der Geschäftsführer ist oder gegebenfalls er mit weiteren Personen die polnische GmbH vertritt. In Polen gibt es häufig die Regelung, dass der Vorstandsvorsitzende allein Geschäfte abschließen kann und die anderen Vorstandsmitglieder aber nicht.

 Beispiel der eingeschränkten Vertretungsbefugnis

Eine typische Regelung im Handelsregister im Bezug auf die Vertretung der GmbH mit eingeschränkter Vertretungsbefugnis abhängig von der Höhe des Rechtsgeschäftes sieht zum Beispiel so aus:

REPREZENTACJA JEDNOOSOBOWA, PRZY ZACIĄGANIU ZOBOWIĄZAŃ O WARTOŚCI PRZEWYŻSZAJĄCEJ RÓWNOWARTOŚĆ 500.000,00 (PIĘĆSET TYSIĘCY) ZŁOTYCH REPREZENTACJA ŁĄCZNA PRZEZ DWÓCH CZŁONKÓW ZARZĄDU ALBO JEDNEGO CZŁONKA ZARZĄDU ŁĄCZNIE Z PROKURENTEM.“

 

„Einzelvertretung zum Abschluss von Verpflichtungen bis zum Wert 500.000,00 (fünfhundert tausend) Zloty, gemeinschaftliche Vertretung durch zwei Mitglieder des Vorstandes oder eines Vorstandsmitgliedes im Zusammenwirken mit einem Prokuristen.“

 

RA A. Martin